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Auszug aus: [ §7 §8 §9 §10 §11 §12 §13 §14 ] Tileman
Dothias Wiarda: ....
[ Das Jahr
1813 ] Fünftes
Buch, Sechster Abschnitt §
10 Daß bei
diesem Insurrectionskreuzuge vielfacher Unfug ausgeübt worden, läßt
sich leicht
erachten. Ich enthalte mich, die näheren Umstände davon bei jeder
Commune
anzuführen, und bemerke nur überhaupt, daß überall, wo der Zug
hingekommen, die Sturmglocken geläutet, die französischen Wappen und
die schwarzen Bretter vor den Mairiehäusern zerschlagen und die
dreifarbigen Fahnen zerrissen worden. Die Mairen, welche den Befehlen
der Aufrührer nicht sogleich Folge leisten wollten, waren vielen
Mishandlungen ausgesetzt, so wie unter andern dem Maire von Stedesdorf
seine rothe Amtsschärpe von dem Leibe gerissen und der Maire in Witmund
gezwungen wurde, seine Entlassung zu nehmen. Auch waren selbst die
Prediger vor Mishandlungen nicht gesichert. Davon nur folgendes
Beispiel. Die Butforder bauern führten, wie sie ihren Einzug in
Stedesdorf hielten, eine alte Flagge mit sich. Darauf war eine Sonne
gemalt mit der Umschrift : Futura
praedixit. Wie der neugierige
Prediger in Stedesdorf diese Umschrift wiederholt mit lautet Stimme
las: so verstanden die Bauern unter futura
das von
ihnen von den Franzosen so oft vernommene foudre, und glaubten, daß der
Prediger sie schimpfte. Nach einer deutlichen Erklärung aber ließen sie
die schon erhobenen geballten Fäuste wieder sinken. Mit Übergehung so
vieler einzelner Umstände, wollen wir nun bei Esens stehen bleiben.
Am 22. März, des Abends,
war man schon in Esens von einem allgemeinen Aufstand unterrichtet. Die
dortigen Beamten der vereinigten Rechte, wie auch die Gensdarmes,
getrauten sich nicht, länger zu bleiben; sie zogen
des Morgens, am 23., ab und gingen nach Aurich. Hierauf bezogen gegen
Mittag die angesehensten Einwohner, zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung,
die Wache auf dem Stadthause. Mittlerweile hörte man die weitschallende
Stedesdorfer Sturmglocke. Einige nach der Gegend abgesandte berittene
Bürger brachten die Nachricht zurück, daß bereits eine große Menge
Bauern im Anzuge seyen. Gleich darauf fanden sich auch schon die ersten
Stedesdorfer Landleute bei dem Thore ein. Diese machten bekannt, daß
sie die Stadt für den König von
Preußen in Besitz nehmen wollten, und ein großes Heer, unter
Anführung des Grafen von Bentink, im Anzuge wäre. Sie verlangten sofort
das Läuten der Glocken, das Zerschlagen des schwarzen Brettes, woran
die französischen Proclamationen angeschlagen waren, das Zerreißen der
dreifarbigten Flagge, und, was ihnen am mehresten am Herzen liegen
mogte, das Herabsetzen des Genever- und Bierpreises. Noch standen die Bauern
vor dem Thore, wie schon der Esener Pöbel auf die Beine kam, und
sogleich die Sturmglocke anschlug. Nun war der Lärm allgemein, so daß
der gute Bürger nichts dagegen ausrichten konnte. Der gemeine haufe
setzte sich nun mit den Bauern in Bewegung, zog nach dem Stadthause und
zerriß die französische Flagge in Stücken. Nach dieser ersten Handlung
setzten sie den Preis des Bieres und der starken Getränke herunter, und
zerstreuten sich in den Wirthshäusern. Sie waren schon
größtenteils besoffen, wie der Hauptzug, welcher aus Burhaver,
Butforder und Dunummer Bauern bestand, in Esens einrückte. Nach deren
Ankunft ging es zuerst auf das Tabacksmagazin los. Dieses ward
geplündert. Dann verfügten sie sich nach dem Bureau des
Enregistrements, wo
sie alle Bücher und Stempelpapiere zernichteten. Auch suchten sie
den Receveur auf, um ihn zu mishandeln: er war aber zu seinem Glücke
noch zu rechten Zeit entkommen. Das Bureau der directen
Abgaben blieb durch List und Überredung gutgesinnter Bürger noch
gerettet. Dagegen wurden die Bücher und Papiere der Beamten bei den
vereinigten Rechten zerrissen und vernichtet. Auch wurde die
französische Inschrift vor dem Posthause ausgelöscht und dagegen ein,
in Eile gemalter, schwarzer Adler wieder angeschlagen. Demnächst wurden
die Schützentrommeln gerührt, und die sämmtlichen Bürger aufgeboten,
dem zuge weiter vorwärts nach Ochtersum zu folgen. An dem folgenden Morgen,
den 25., ging der Zug, unter Vorantragung der Schützenfahnen und mit
rührenden Trommeln, nach Ochtersum ab. Viele Bürger, die gezwungen
waren, dem Zuge zu folgen, entwischten wieder unterwegs und kehrten
wieder nach Esens zurück. Noch vor dem Mittage rückten die Wardumer
Bauern, den gezwungenen Maire, todtenblaß an der Spitze, in Esens ein.
Diese hielten sich ziemlich ruhig und verweilten so lange in
der Stadt, bis die Leute, welche in Ochtersum die Insurrection bewirken
sollten, wieder zurückkamen. Diese hatten in Narp das Tabacksbureau
geplündert, in Ochtersum die Mairiepapiere zerrissen, und dann die
dortigen
Einwohnen überredet, weiter vorwärts nach Westerholt zu ziehen. Nach
diesem verrichteten Geschäfte kehrten sie ungesäumt nach Esens zurück. Unterwegs waren sie auf
einen Trupp von 18 bis 20 Douanen gestoßen, die mit Weibern und Kindern
und vielem Gepäcke unter Anführung eines Douanenofficiers von
Accumersyl gekommen waren und nach Aurich flüchten wollten. Diese
streckten sofort die Gewehre und gaben sich, ohne Widerstand,
kriegsgefangen. Mit diesen gefangenen Douanen, mit deren Waffen sie
sich ausgerüstet hatten, hielten sie ihren triumphirenden Einzug in
Esens.
Anfänglich wollten die Aufrührer die Douanen mit sich nach Witmund
schleppen, und dann sie weiter an
den Grafen von Bentink, von dem sie immer noch glaubten, daß er mit
einem starken Corps an der Gränze stand, abliefern. Auf Zureden ließen
sie indessen die Douanen in Esens zurück. Nachdem gegen Abend die
Insurgenten die Stadt verlassen hatten, ordnete die Bürgerschaft eine
Wache an, wodurch die Ruhe wieder hergestellt wurde. Inzwischen waren
die zuletzt in Esens angekommenen Werdumer nach Neuharlingersyl
gezogen, wo der nämliche Unfug, wie in den vorerwähnten Communen,
getrieben ward. Auch die dortigen Eingesessenen wurden überredet und
gezwungen, weiter nach Carolinensyl zu ziehen, um auch dort den Aufruhr
zu bewirken. Hier wurde, außer den andern Bureaus, auch das Bureau der
directen Abgaben vernichtet, doch ward noch die Casse durch Betrieb
des Maire von Harlingen gerettet. Von Carolinensyl ist der Zug nach
Funix und so weiter gegangen.
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